Als die Engländer 1788 die ersten 300 Sträflinge nach Australien verschifften, wurde Down Under bereits Wein kultiviert.
Das favorisierte Getränk war zwar Rum, aber 1825 entstand das erste australische Weingut des Schotten James Busby. Der hatte in Frankreich gelernt und importierte 570 Rebstöcke aus Frankreich und Spanien.
Lange waren australische Weine lediglich eine Billig-Variante französischer Weine, produziert auf der bekanntesten Gefangenen-Insel der Welt. Doch das hat sich geändert. Es gibt jetzt eine Reihe von interessanten Stilen, von den Rottönen von Barossa Shiraz bis zu champagnerartigem Schaumwein aus Tasmanien – großzügig und erstaunlich leicht. Und das alles verhältnismäßig preisgünstig wegen der großen Anbauflächen.
Dunkle Vergangenheit
Noch in den 30er-Jahren präsentierten die Australier eine rechte Brühe: sirupartig, schwer, anmaßend, weniger Wein als alkoholischer Fruchtsaft.
In jüngster Vergangenheit arbeiteten die australischen Winzer an der Vielfalt. Bei der Größe des Kontinents kein Wunder, dass vieles möglich ist. In den letzten ein oder zwei Jahren gab es beeindruckende Versionen der zitronig-würzigen griechischen, weißen Assyrtiko-Traube, der üppigen und parfümierten portugiesischen roten Touriga nacional und der spanischen Tempranillo.
Es gibt auch gekonnte Weine aus italienischen Sorten wie Fiano und die beste Nebbiolo außerhalb des Piemont.
Pinot Noir in Victorias Hotspots mit kühlem Klima im Yarra Valley, in Geelong und auf der Mornington-Halbinsel haben einen verführerischen Charme, der es zu einem echten Herausforderer für Burgunder macht. Und da sind noch immer die traditionellen Stärken der Lokalmatadore Chardonnay und Shiraz, Hunter Valley Semillon, Coonawarra oder Margaret River Cabernet.
Innovatives Anbaugebiet
An dieser Sortenvielfalt ist nichts Zufälliges: Es wurde lange darüber nachgedacht, wo die neuen – oder von den Australiern als alternativ bezeichneten – Sorten gepflanzt werden sollen, um sie an das Klima und die Bodenbedingungen anzupassen, die ihren Ursprüngen ähnlich sind.
Und dieser Fokus vor Ort ist Teil einer weiteren Verschiebung in Australien. Früher sprachen streng rationale, wissenschaftlich denkende australische Winzer über Terroir als einer Art prätentiösem französischen Betrug. Nicht mehr. Jetzt ist es nicht ungewöhnlich, über den Geist eines Ortes sprechen zu hören. Aber dies ist eine klügere australische Weinindustrie, integrativer, entspannter und ohne Angst, andere Ideen und Philosophien anzunehmen.
Im Gegensatz zu Europa sind die Weingesetze in Australien liberal. Das ermöglicht Experimentierfreude im Alltag. Australien ist deshalb zu einem Experimentierlabor geworden: neue Technologien, neuartige Kombinationen von Rebsorten und somit neue Geschmackskombinationen. Sogar die Mischung von Rebsorten aus verschiedenen Anbaugebieten ist erlaubt – eine Horrorvorstellung für Europa – mindestens achtzig Prozent der Trauben müssen allerdings aus dem angegebenen Anbaugebiet kommen.